PP Einsatz

Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit

Uli Müller

Seit über 25 Jahren gibt es sie nun bereits auch bei der baden-württembergischen Polizei, die speziell geschulten Eingreifkräfte mit dem markanten Kürzel „BFE“. Landes- wie bundesweit haben sie sich in unzähligen Einsätzen einen guten Ruf erworben. Die GdP setzt sich u. a. seit Jahren dafür ein, dass diese Einheiten endlich die Ausstattung und Wertschätzung erhalten, die sie nicht nur verdienen, sondern zur Bewältigung ihrer Einsätze dringend benötigen.

Wie berechtigt unsere Forderungen sind, unterstreicht nicht zuletzt der Einsatz gegen einen Reichsbürger in Boxberg im Herbst vergangenen Jahres, wo zwei Kollegen des SEK teilweise schwer verletzt wurden. Auch in diesem Einsatz waren BFE-Einheiten im Zusammenwirken mit dem SEK eingesetzt. Dies ist keine Ausnahme, sondern tagtäglich bewältigen BFE-Einheiten im Zusammenwirken mit dem SEK, aber auch in alleiniger Verantwortung höchst anspruchsvolle und gefährliche Einsatzlagen im Bereich der Reichsbürgerszene, aber auch in anderen Bereichen der mittleren und schweren Kriminalität.

Von den körperlichen und mentalen Voraussetzungen, die die Zugehörigkeit in einer BFE erfordern, konnte sich jeder bei den 15. bundesweiten Vergleichswettkämpfen der BFEen ein Bild machen, welche vom 27. bis 29. Juni in Bayern stattfanden. Schmerzlich wurde aber auch dort von den Teilnehmern in persönlichen Gesprächen festgestellt, dass die BFEen im Land von den „besten“ nicht nur im Bereich der technischen Ausstattung meilenweit entfernt sind und dass sich der Abstand in den letzten Jahren nicht verringert, sondern eher noch vergrößert hat. Die GdP BW gratuliert an dieser Stelle dennoch zu einer hervorragenden Gesamtplatzierung und zu einem ersten Platz in einer Teildisziplin.

Nicht nur deshalb ist es der GdP BW ein Anliegen, den Beweissicherung- und Festnahmeeinheiten mit diesem Leitartikel eine Plattform zu bieten, einen Blick auf die aktuelle Situation zu richten, unsere Forderungen nochmals zu unterstreichen, aber vor allem den Respekt und die Anerkennung zu dokumentieren.

Anforderungsprofil und Tätigkeitsfelder

Bei der BFE handelt es sich nicht um eine Spezialeinheit im Sinne der PDV 100, sondern um eine Einheit mit besonderer Qualifikation und Ausrüstung. Nach der Strukturreform 2014 verfügt Baden-Württemberg aktuell über insgesamt sechs BFEen jeweils in Zugstärke, die zu je drei Einheiten auf die Standorte Göppingen und Bruchsal des PP Einsatz verteilt sind. Bei entsprechend großer Lage können diese auch als eigenständige Hundertschaft (BFH) zusammengefasst werden. Anders als in regulären Einsatzzügen kann in der BFE nur Dienst verrichten, wer ein entsprechendes Auswahlverfahren und eine daran anschließende sechswöchige Einführungsfortbildung (EFB) erfolgreich absolviert. Aufgrund der höheren Spezialisierung und des Fortbildungsaufwandes ist die Mindestverweilzeit bei der BFE mit drei Jahren auch länger als in einem Einsatzzug.

Kerngeschäft der BFE sind traditionell Demonstrationen und Großveranstaltungen aller Art, bei denen mit einem unfriedlichen Verlauf gerechnet wird. Als Zugriffseinheit ist der Einsatz an Brennpunkten vorgesehen, Ziel ist stets die beweissichere Festnahme erkannter Straftäter.

Fuhren BFE-Angehörige in den Anfangsjahren häufig noch reguläre „klassische“ Konzeptionseinsätze, hat sich in den letzten Jahren insbesondere die Unterstützung der Kriminalpolizei als weiteres bedeutendes Standbein entwickelt. Kräfte der BFE werden gerne herangezogen, wenn Maßnahmen ein erhöhtes Gefährdungspotenzial beinhalten, die Voraussetzungen für eine SEK- bzw. MEK-Anforderung jedoch noch nicht vorliegen, wie etwa Razzien gegen Deliktsbereiche der Rocker- und BtM-Kriminalität oder des illegalen Glücksspiels.

Problemfaktor Ausrüstung

Trotz Etablierung als spezialisierte Zugriffseinheit und Serviceleister für K- und S-Dienststellen in Lagen mit erhöhtem Gefährdungsgrad, warten die Angehörigen dieser Einheiten leider bis heute auf eine entsprechende persönliche Schutzausrüstung, die auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet ist. Dies reicht von einer passenden Überziehweste bis hin zu einem geeigneten Plattenträgersystem und Einsatzhelm. Bis heute müssen die BFEen hier mit der für alle Polizeikräfte beschafften AMOK-Ausstattung und dem veralteten ballistischem Helm vorliebnehmen. Zudem fehlt ein an den Funk angebundenes Aktivgehörschutzsystem in Mannausstattung.

Weitere zwingend zu beschaffende Ausrüstungsgegenstände sind neben dem Kettenhemd vor allem ballistische Schutzschilde. Darüber hinaus ist hinsichtlich der zunehmend an Relevanz gewinnenden Lebensbedrohlichen Einsatzlagen (LebEl) und die sich daraus ergebenden Sicherungsaufgaben der BFEen im Zusammenwirken mit den originär zuständigen SEK-Einheiten über die Anschaffung von in einigen Bundesländern bereits beschafften geeigneten Mitteldistanzwaffen für die BFEen nachzudenken.

Als Vorbild kann hier Rheinland-Pfalz dienen. Der dortige Innenminister Roger Lewentz veranlasste – basierend auf den Pariser Erfahrungen des Terrors von 2015 – im Jahr 2019 ein zusätzliches regelmäßiges Training der BFEen für eine verbesserte Zusammenarbeit mit dem SEK in Bedrohungslagen (Stichwort Funktionssicherung). Solche Konzepte wären auch in Baden-Württemberg realisier- und umsetzbar, insbesondere auch in Hinblick auf die Europameisterschaft im Fußball 2024 in Deutschland. Weitere notwendige Beschaffungsvorschläge, wie eine geeignete Wetterschutzbekleidung (bisherige stammt aus dem Jahr 2005) und vor allem die Erneuerung der Rückenkennzeichnung (siehe Bild oben rechts), lassen auf sich warten.

Beschaffungsvorschläge und -anregungen seitens der Angehörigen und Führungskräfte gingen in vielen Bereichen bis dato ins Leere und die BFEen können sich zu Recht als „Dinosaurier“ im Ländervergleich bezeichnen. Da ist es doch mehr als verständlich, wenn die Umsetzung der Kennzeichnungspflicht nicht nur deswegen auf klare Ablehnung stößt.

Thema Erschwerniszulage

Einige Bundesländer haben erkannt, dass ihre BFEen oft gefährliche Arbeit an der Schwelle zu Spezialeinheiten leisten. Dem wurde Rechnung getragen mit der Einführung einer Erschwerniszulage auch für BFE-Angehörige in landesunterschiedlichen Höhen. Die Bundespolizei zahlt ihren BFEen eine solche Zulage. Auch bei kleineren Landespolizeien wie Hamburg und Sachsen bekommen die Mitarbeiter je rund 150 Euro monatlich. Eine solche Zulage wird vom Innenministerium für unsere Festnahmeeinheiten abgelehnt. Diesen Umstand bewertet die GdP als ungerecht, er gehört dringend auf den Prüfstand.

Fazit

Die Forderungen der GdP BW liegen seit Jahren auf dem Tisch. Innerhalb der politischen und polizeilichen Verantwortungsträger im Land sind diese auch bekannt, sollte es zu einem Zwischenfall kommen, wo am Ende im Raum steht, dass dieser unter anderem durch eine bessere persönliche Schutzausrüstung hätte verhindert werden können.

Die jungen Männer und Frauen dieser Einheiten dürfen zu Recht erwarten, dass sich die Führung und hier insbesondere das Innenministerium verstärkt um ihre Belange kümmern. „Denn sie bringen ihren Körper, ihre Gesundheit und sogar ihr Leben zum Einsatz“ (Landesinnenminister Thomas Strobl).

Wir als GdP BW werden in jedem Fall den Innenminister Strobl an diesem Zitat messen und unsere Forderungen weiterhin mit Vehemenz verfolgen. Für Gespräche steht die Fachgruppe BFE in der GdP BW immer zur Verfügung.

Uli Müller
Vorsitzender der GdP im PP Einsatz
Landeschriftführer GdP BW